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Zwischenerzählung: Anna und der Ruf des Seeblick

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Die Abendsonne tauchte den Sankelmarker See in ein warmes, goldenes Licht, als Anna aus ihrem alten, grauen Wagen stieg. Sie lehnte sich kurz an die Tür und atmete tief durch. Vor ihr lag das Hotel Seeblick – ihr Hotel. Oder zumindest sollte es das bald sein. Sie hatte das Gebäude bereits zuvor gesehen, aus der Ferne, auf alten Fotografien, in den Erinnerungen anderer. Aber jetzt, als sie es mit eigenen Augen betrachtete, wirkte es größer, lebendiger – und doch so verlassen.

Das Haus war nicht in einem schlechten Zustand, aber man konnte ihm die Jahre der Vernachlässigung ansehen. Die Holzveranda zeigte erste Risse, ein paar Fensterläden hingen schief, und das Dach brauchte dringend eine Reparatur. Dennoch hatte das Gebäude eine gewisse Erhabenheit, als ob es noch immer stolz über den See wachte, der ruhig hinter ihm lag. Die sanften Wellen reflektierten das letzte Licht des Tages, während Möwen in der Ferne kreisten.

Anna nahm ihren Koffer aus dem Wagen und trat langsam die wenigen Stufen zur Eingangstür hoch. Mit zitternden Fingern drehte sie den Schlüssel im Schloss, und mit einem leisen Knarren öffnete sich die Tür. Der Innenraum war kühl und roch nach Holz, Staub und einer längst vergangenen Zeit. Die große Lobby lag im Halbdunkel, die schweren Holzbalken an der Decke erzählten von einer Ära, in der das Seeblick voller Leben gewesen sein musste. Ein altes Empfangsbuch lag offen auf dem Tresen, als hätte jemand es zuletzt in Eile verlassen.

Anna trat ein und ließ den Blick über die breiten Treppen, die alten Möbel und die verblichenen Fotografien an den Wänden wandern. Ihr Herz schlug schneller. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Eine Stadtfrau wie sie, die ein altes Hotel in einem kleinen Dorf übernahm? Ihre Freunde hatten sie für verrückt erklärt, aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie diesen Schritt gehen musste.

Sie war nicht zufällig hier gelandet. Es war ein Brief gewesen, der sie an diesen Ort geführt hatte. Ein Brief, den sie vor einigen Monaten von einem alten Anwalt erhalten hatte, der sie darüber informierte, dass sie das Hotel erben könnte – falls sie es wollte. Der Name des Absenders war ihr nicht unbekannt. Ihr Großonkel Friedrich, ein Mann, den sie nur aus Erzählungen kannte, hatte ihr das Hotel hinterlassen. Aber warum? Sie hatte ihn nie persönlich getroffen, und doch schien er gewusst zu haben, dass sie die Richtige für diesen Ort war.

Sie erinnerte sich an die Worte ihrer Großmutter, die ihr als Kind Geschichten über das Seeblick erzählt hatte. Von einer Zeit, als es der Mittelpunkt des Dorflebens war. Von Gästen, die hier Sommer für Sommer verweilten, von Geschichten, die in den Wänden eingefangen wurden. Und von dem See – dem tiefen, stillen Wasser, das so viele Geheimnisse kannte.

Ein leises Geräusch ließ sie zusammenzucken. War es nur der Wind, der durch das alte Gebäude pfiff, oder hatte sie tatsächlich etwas gehört? Sie schüttelte den Kopf über ihre eigene Nervosität und trat tiefer in die Lobby ein. Mit einem Ruck zog sie die Vorhänge zur Seite, und das letzte Licht der Sonne fiel in den Raum. Staub tanzte in den goldenen Strahlen, während sie langsam durch das Hotel schritt.

Die nächsten Tage waren eine Mischung aus Arbeit und Erinnerungen. Anna begann, das Hotel zu erkunden, jeden Raum zu betreten, alte Möbelstücke zu inspizieren und die verbliebenen Dokumente zu durchforsten. Sie fand alte Gästebücher, in denen sich Menschen aus längst vergangenen Zeiten verewigt hatten. Manche Namen sagten ihr nichts, andere waren ihr aus den Erzählungen ihrer Großmutter bekannt.

Eines Abends, als sie auf der Veranda saß und auf den See blickte, kam Frau Alva vom „Kiek In“ vorbei. Die ältere Dame hatte bereits von ihrer Ankunft gehört und brachte einen Korb mit frisch gebackenem Brot und Honig aus der Region mit. „Du wirst das Hotel also wirklich wieder zum Leben erwecken?“, fragte sie mit einem neugierigen Blick.

Anna nickte langsam. „Ich hoffe es. Es hat eine Geschichte, die nicht enden sollte.“

Alva musterte sie nachdenklich. „Dann wirst du auch mit seinen Geheimnissen leben müssen.“

Anna lachte leise. „Gibt es viele davon?“

„Mehr, als du denkst,“ sagte Alva und lehnte sich an das Holzgeländer. „Dieses Hotel hat schon einiges gesehen. Die Wellen des Sees tragen Erinnerungen weiter als wir es je könnten.“

Anna wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Stattdessen blickte sie wieder auf das Wasser, das sich in der Dunkelheit in ein tiefes Blau verwandelte. Der See war ruhig, aber sie konnte nicht leugnen, dass sie sich beobachtet fühlte.

Mit der Zeit lernte sie, das Seeblick zu lieben – mit all seinen Eigenheiten. Sie kämpfte mit quietschenden Böden, mit alten Leitungen und kapriziösen Wasserhähnen, aber sie wusste, dass es all diese kleinen Macken waren, die das Hotel lebendig machten. Die ersten Gäste kamen zögerlich, dann immer mehr. Manche blieben nur eine Nacht, andere waren Stammgäste aus alten Zeiten, die froh waren, dass das Seeblick wieder geöffnet hatte.

Doch es gab auch jene, die ihr von seltsamen Träumen berichteten. Von Stimmen, die sie nachts hörten. Von Schatten, die sich in den dunklen Ecken bewegten. Anna begann, sich zu fragen, ob es tatsächlich nur die Geschichte war, die hier lebte – oder ob der See und das Hotel mehr bewahrten, als sie dachte.

Eines Nachts, als sie wieder in den alten Gästebüchern las, fand sie einen Eintrag aus dem Jahr 1963. Ein Gast hatte geschrieben: „Ich bin mir sicher, dass dieses Hotel ein Wächter ist. Es bewahrt mehr als Erinnerungen. Es hält etwas zurück.“

Anna schloss das Buch und lehnte sich zurück. Vielleicht war es ihr Schicksal gewesen, hierherzukommen. Vielleicht war es ihre Aufgabe, die Geheimnisse dieses Ortes zu bewahren – oder sie endlich ans Licht zu bringen.

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