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Vier Jugendliche stehen um einen großen, moosbedeckten Stein mit einem eingravierten Symbol im Wald.

Episode 79 – Das verschwundene Zeichen

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Es war ein grauer Vormittag, als Jonas, Mia, Finn und Lea erneut durch Sankelmark liefen. Der Wind fegte feine Tropfen über die Dorfstraße, die Blätter der alten Linden vor dem Gasthof „Zur Linde“ klatschten nass an die Fenster.

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„Bist du sicher, dass es heute sein muss?“ fragte Finn und zog die Kapuze enger um den Kopf.

„Gerade heute“, antwortete Jonas. „Wenn sich etwas verändert, dann jetzt.“

Sie bogen am Café „Kiek In“ vorbei, wo Frau Alva gerade Stühle ins Trockene brachte. Sie winkte ihnen zu, sagte aber nichts. In ihrem Blick lag ein stilles Wissen.

Hinter dem Dorf, vorbei an der alten Schule und den Feldern in Richtung Idstedt, führte ein schmaler Pfad in den Wald. Der Boden war matschig, die Stiefel der Kinder hinterließen dunkle Abdrücke auf dem Weg.

„Der Wald wirkt heute anders“, murmelte Lea.

Mia nickte. „Dichter. Als würde er atmen.“

Nach zwanzig Minuten erreichten sie die Lichtung, auf der sie zuletzt die Spirale aus Laub gefunden hatten. Doch jetzt – nichts.

Keine Spirale. Keine geordneten Blätter. Nur regennasses, aufgewühltes Laub.

„Vielleicht hat der Wind…“ begann Finn.

„Nein“, unterbrach ihn Jonas. Er ging in die Mitte der Lichtung, kniete sich hin. Dort, auf dem feuchten Boden, war eine Markierung eingeritzt. Frisch. Präzise.

Ein Kreis. Darin drei ineinander verschlungene Linien. Und an den vier Himmelsrichtungen kleine Pfeile.

„Das ist neu“, sagte Mia. Ihre Stimme klang fremd in der feuchten Luft.

Jonas fuhr mit dem Finger über die Gravur. Das Holz war weich von der Nässe, aber das Symbol war tief eingekerbt.

„Es ist eine Karte“, murmelte er.

Lea zog ihr Notizbuch hervor und begann, das Zeichen zu skizzieren. Finn holte seinen Kompass.

„Die Pfeile stimmen“, sagte er. „Norden, Süden, Osten, Westen.“

„Vielleicht… zeigt es einen Weg“, schlug Mia vor.

Jonas sah sich um. Der Wind rauschte in den Bäumen, doch die Geräusche wirkten gedämpft, als wären sie weit weg.

„Folgt mir“, sagte er leise.

Sie verließen die Lichtung in Richtung Osten, über einen kaum erkennbaren Trampelpfad, der tiefer in den Wald führte. Nach wenigen Minuten erreichten sie eine kleine Anhöhe. Von dort sahen sie den Sankelmarker See – und dahinter, weit entfernt, die ersten Häuser von Großsolt.

„Ich kenne diesen Weg“, sagte Lea plötzlich. „Meine Großmutter hat immer erzählt, dass man von hier zum alten Mühlenteich bei Großsolt gehen konnte. Früher, bevor der Weg verwachsen ist.“

„Vielleicht gibt es dort etwas“, meinte Jonas.


Zur gleichen Zeit saß Heiko im Café „Kiek In“. Der Regen peitschte gegen die Fenster. Frau Meier saß ihm gegenüber, eine Decke über den Knien, einen Kräutertee in der Hand.

„Früher“, sagte sie, „gab es Pfade. Unsichtbare. Keine Wege, wie ihr heute denkt. Linien aus Erinnerung.“

„Zwischen Flensburg und hier?“ fragte Heiko.

Frau Meier nickte. „Über die Dörfer. Großsolt, Tarp, Oeversee. Immer an den alten Stätten vorbei. Kirchen, Gräber, Quellen.“

„Und Sankelmark?“

„Immer ein Knotenpunkt.“

Heiko machte sich Notizen. Er verstand immer mehr: Das Hotel Seeblick war nicht nur ein Ort zum Übernachten gewesen. Es war ein Hüter. Ein Teil eines größeren Ganzen.


Die Kinder erreichten schließlich einen alten, verfallenen Zaun. Dahinter: eine niedrige Steinmauer, moosbedeckt, fast vollständig vom Unterholz verschluckt.

„Das ist der alte Mühlenteich“, sagte Finn.

„Da drüben“, rief Lea, „ein Stein!“

Sie kletterten über die Mauer. Dort, halb versunken im Boden, lag ein großer, flacher Findling. In seine Oberfläche eingraviert: ein vollständiger Kreis mit vier eingekerbten Punkten.

Und in der Mitte – eine Zahl: 1919.

„Das Jahr nach dem großen Krieg“, flüsterte Mia.

Jonas fuhr mit der Hand über die Gravur. Wasser sammelte sich in den Einkerbungen, glitzerte im grauen Licht.

„Das ist der vierte Punkt“, sagte er. „Der letzte.“

„Und was jetzt?“ fragte Finn.

Jonas sah zum See hinüber, dessen Wasser sich silbern unter den dunklen Wolken kräuselte.

„Jetzt hören wir zu“, sagte er. „Was der See uns sagt.“


Am Abend, als sie ins Dorf zurückkehrten, hing Nebel über der Straße. Die Laternen an der Dorfstraße glommen schwach. Vor dem Hotel Seeblick stand Anna. Sie wartete auf sie. Und hinter ihr, fast unsichtbar im Nebel, stand Heiko.

Sie sagten nichts.
Aber alle wussten:
Etwas hatte sich geschlossen.
Und etwas anderes – etwas viel Älteres – begann zu atmen.

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